5 Vorurteile über autistische Schüler aus ihrer Sicht
Viele Kinder im Autismus Spektrum möchten lernen, dazugehören und verstanden werden. Was häufig dazwischen steht, sind hartnäckige Vorurteile. In diesem Beitrag kommen ihre Perspektiven zur Sprache. Die Sätze in Anführungszeichen sind sinngemäße Stimmen von Kindern und Jugendlichen, wie sie in Beratung und Praxis oft geäußert werden. Sie zeigen, was sie wirklich brauchen und wie Schule darauf reagieren kann.
Vorurteil 1: Ich habe keine Empathie
Ich fühle mit, nur vielleicht anders und manchmal später. Wenn jemand weint, bin ich überwältigt von Eindrücken und finde nicht sofort die richtigen Worte. Das bedeutet nicht, dass mir etwas egal ist. Es hilft, wenn Gefühle klar benannt werden und ich konkrete Vorschläge bekomme, wie ich unterstützen kann. Lehrkräfte und Schulbegleitungen können hier modellieren. Ein einfacher Satz wie „Ich sehe, dass du traurig bist, wir holen jetzt tief Luft und bieten Hilfe an“ macht es leichter, mitzuschwingen.
Vorurteil 2: Ich will keine Freundschaft
Ich möchte dazugehören, doch unausgesprochene Regeln verunsichern mich. In der Pause weiß ich nicht, wie ich in ein Gespräch komme oder ob ein Witz ernst gemeint ist. Struktur schafft Sicherheit. Verabredete Buddy Systeme, kleine Spiele mit klaren Regeln und kurze soziale Skripte helfen mir, Brücken zu bauen. Wenn ich vorher weiß, was als Nächstes passiert, traue ich mich eher auf andere zuzugehen. So wächst soziale Teilhabe Schritt für Schritt.
Vorurteil 3: Meltdowns sind Wutanfälle
Wenn mir Reize und Erwartungen zu viel werden, verliere ich die Kontrolle. Dann ist Ruhe wichtiger als Worte. Bitte nicht stören, das brauche ich. Ein stiller Ort, gedämpftes Licht, wenig Publikum. Ein Meltdown ist keine Absicht und keine Erziehungsfrage. Nach der akuten Phase kann ich erzählen, was mich überfordert hat. Zusammen mit der Klasse und dem Team lassen sich Auslöser entschärfen. Angekündigte Planänderungen, Ohrschutz, kurze Auszeiten und klare Signale senken die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder so eskaliert.
Vorurteil 4: Alle sind Genies oder alle können es nicht
Ich bin ich. Das Spektrum ist groß. Manche sind in Mathe stark, andere in Kunst, wieder andere brauchen in mehreren Bereichen Unterstützung. Hilfreich ist eine stärkenorientierte Sicht. Wenn mein Spezialinteresse im Unterricht vorkommt, steigt meine Motivation. Gleichzeitig brauche ich faire Anpassungen, damit ich zeigen kann, was ich kann. Überschaubare Aufgaben, visuelle Hinweise und klare Bewertungskriterien sind kein Bonus, sondern eine Brücke zur Leistung, die ohnehin gefordert ist.
Vorurteil 5: Wer nicht spricht, versteht nichts
Ich kann mehr verstehen als ich sagen kann. Manchmal fehlt mir nur ein Werkzeug. Bildkarten, Gebärden oder eine App geben mir Worte in die Hand. Wenn wir dieselben Symbole zu Hause und in der Schule nutzen, entsteht Verlässlichkeit. Ich kann dann zeigen fertig, Hilfe oder Pause und bleibe in der Situation handlungsfähig. Das entlastet auch Lehrkräfte, weil weniger Missverständnisse entstehen und der Unterricht ruhiger läuft.
Gemeinsam besser verstehen
Jedes Kind ist anders und doch gibt es Muster, die helfen. Vorhersehbarkeit, klare Sprache und respektvolle Rückzugsoptionen sind keine Sonderbehandlung, sondern gute Pädagogik für alle. Wenn wir Verhalten als Signal deuten und nicht als Absicht, entsteht Raum für Lösungen. Kinder mit Autismus bringen viele Stärken mit. Sie brauchen Erwachsene, die hinhören, ihre Signale ernst nehmen und gemeinsam mit ihnen Strategien üben. So wird aus „Bitte nicht stören“ eine Einladung zum Verstehen und zum gelingenden Miteinander im Klassenzimmer.
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Quellen